Kardinal Bergoglio, 28 Februar 2013
Ende Februar 2013 sind Kleine Brüder und Schwestern aus einigen Fraternitäten Europas nach Rom gerufen worden, um sich in unserem Haus in den Santi Quattro Coronati zu treffen. Die 30 Kleinen Brüder und Schwestern versammeln sich, um so die Gemeinschaft zu vertreten, die die Konklave durch ihr Gebet begleiten möchte – im Herzen der Kirche, dargestellt durch die Basilika, die am Grabe des Apostels Petrus erbaut ist. Sie möchte auch bei der letzten Audienz von Benedikt XVI. anwesend sein, um ihm ihre Kommunion und Dankbarkeit zu erweisen, für alles, was dieser „demütige und einfache Arbeiter im Weinberg des Herrn“ der Kirche geschenkt hat.
Wie Papst Benedikt XVI. selbst bekannt gegeben hatte, ist seine letzte Audienz am 27. Februar und sein Rücktritt vom päpstlichen Stuhl Petri am darauffolgenden Tag. Zwei Kleine Brüder aus Saint-Pierre, unserem Gemeinschaftsort im Süden von Frankreich, die nach Rom geschickt wurden, befinden sich in Paris. Sie beginnen ihre Reise per Auto-Stopp in der französischen Hauptstadt. Einer von ihnen hat einen Bericht über ihre Fahrt nach Rom geschrieben:
„Für die Strecke haben wir vier Tage vor uns. Wir beginnen in der Früh an der „Porte d’Italie“ zu stoppen und um vier Uhr nachmittags sind wir noch immer da! Endlich zieht uns ein junger Mann aus der Affäre und bringt uns zu einer Raststation außerhalb von Paris. Da es schon spät ist, fragen wir vor dem Autobahn-Restaurant die Reisenden, ob uns jemand nach Lyon mitnehmen kann.
Nach kurzer Zeit nimmt uns ein Mann in seinem Auto mit, und wir freunden uns mit ihm an. Wir geben ihm das Ziel unserer Reise an: Rom! Und er verkündet uns, dass er nach Florenz fährt! Aber heute Abend bleibt er über Nacht bei sich zu Hause in Lyon, und morgen fährt er mit seiner Frau weiter. Er sagt uns aber nicht, womit sie weiter fahren. Er erzählt uns, dass sie katholisch sind. Aber wir hören in seinen Worten eine gewisse Distanz zur Kirche und ihrer Lehre heraus. Während der Autofahrt unterhalten wir uns sehr gut miteinander. Wir sprechen über die verschiedensten Themen und hören uns gegenseitig aufmerksam zu. Mit der Zeit wächst das Vertrauen und wir erfahren, dass sie vorhaben, mit dem Auto nach Italien zu fahren. Falls seine Frau einverstanden ist, können wir bei ihnen übernachten und dann mit ihnen weiterfahren nach Florenz, fügt unser Fahrer hinzu.
Nach einem kurzen Telefonat mit der Frau des Hauses ist alles ausgemacht und einige Stunden später hat uns die Vorsehung gut untergebracht. Es ist eine sehr schöne Begegnung mit dem Paar. Wir unterhalten uns bis spät in die Nacht und am nächsten Tag noch weiter im Auto, bis wir in Florenz ankommen.
Von Florenz haben die zwei Kleinen Brüder weiter gestoppt und sind gut am Vorabend der Audienz in Rom angekommen.
Der 28. Februar ist ein sehr bewegender Tag. Um 20 Uhr wird Benedikt XVI. den Heiligen Stuhl verlassen. Einer der zwei Kleinen Brüder, der aus Argentinien kommt, geht am Vormittag zur Casa del Clero, um Kardinal Bergoglio einzuladen, uns besuchen zu kommen. Er ist der Erzbischof von Buenos Aires und seit langem mit der Gemeinschaft befreundet. 1994 hat er Kleine Brüder und Kleine Schwestern in der argentinischen Hauptstadt aufgenommen, um unsere kleinen Fraternitäten zu gründen.
Er nutzt die Gelegenheit und fragt, was es Neues gibt bei den „Lämmern“. Er möchte auch wissen, wie der Kleine Bruder nach Rom gekommen ist und dann auch vor allem wie die Reise per Auto-Stopp verlaufen ist. Der Kleine Bruder erzählt ihm alles und beendet seinen Bericht etwas hoffnungslos:
—„Verstehen Sie, das ist ganz sicher das einzige Mal, dass wir diese Leute treffen und …“
Kardinal Bergoglio bemerkt die Sorge des Kleinen Bruders und schaut ihm in die Augen:
—„Warum machst du dir Sorgen? Das ist die neue Evangelisierung, die die Kirche machen muss. Das heißt säen! Den Samen aussäen! Überall! Und Jesus macht den Rest. Du musst dem Herrn vertrauen.“